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Rollenlager (Roller Bearing) in Meccano
Rollenlager stellen eines der wichtigsten Kontruktionselemente beim Bau von Modellen dar, bei denen sich ein mehr oder weniger schweres Oberteil dreht, z.B. Krane oder Karussells. Für die Konstruktion eines korrekten, tragfähigen Rollenlagers gibt es einige wenige Regeln, doch es ist nicht ganz leicht, sie mit Meccano umzusetzen. Die meisten - wenn nicht alle - Vorschläge von Meccano (in Anleitungsheften, SMLs, Zusatzliteratur wie "Standard Mechanisms" oder im Meccano Magazin - verletzen einige der Regeln.
Am Beispiel des Rollenlagers erkennt man sehr deutlich, daß der Metallbaukasten kein hochpräzises Werkzeug für den Ingenieur, sondern eher ein hochentwickeltes Spielzeug zum Bauen von Modellen ist.

Was ist beim Bau eines Rollenlagers zu beachten?

1. Die Rollen
Die Gesamte Last des Aufbaus ruht auf den Rollen. Sie sollten daher keine Neigung zur Deformation haben. Spurkranzräder sind nicht geeignet, wohl aber massive Messingteile wir Stellringe oder Schnurräder. Die Rollen müssen aus mathematischen Gründen die Form von Kegelstümpfen haben. In guter Annäherung werden in Metallbaukastensystemen zylindriche Bauteile verwendet.
Die Übertragung der wirkenden Kräfte erfolgt über die Rollen und den zugehörigen Laufflächen.

2. Lagerung der Rollen
In einem Rollenlager lasten keine bedeutende Kräfte auf irgendwelchen Drehlagern/Befestigungselementen der Rollen. In der Realität sind die Rollen meist massiv ausgeführt und werden nur aufgrund ihrer Form (und der Form der Laufflächen) in ihren Positionen gehalten. Eine gute Annäherung an diese Situation ist ein Rollenring, d.h. ein von Ober- und Unterteil unabhängig sich drehender Ring, an dem die Rollen angebracht sind. Da bei richtiger Konstruktion keine Kräfte auf diesen Ring und auch nicht auf die Befestigungselemente übertragen werden, können relativ einfache und schwache Konstruktionen verwendet werden.
Von einer festen Verbindung der Rollen zum Unter- oder Oberbau ist abzusehen, da in diesem Fall die Kräfte über die Befestigungselemente übertragen werden. Gerade um dies zu vermeiden, verwendet man Rollenlager.

3. Auflagefläche für die Rollen
Der Kontakt zwischen Rollen und Auflageflächen sollte nicht punktförmig, sondern über eine (wenn auch kleine) Fläche erfolgen. Die Abnutzung der Teile und der ausgeübte Druck ist um so größer, je kleiner die Auflagefläche ist.

4. Selbstzentrierung
Um seitlichen Kräften standzuhalten, sollte das Rollenlager selbstzentrierend gebaut sein, d.h. Form der Rollen und der Auflageflächen fangen solche Kräfte ab. In Meccanomodellen wird dies oft dadurch gelöst, daß Spurkranzräder oder Rillenräder verwendet werden, die auf den "scharfen" Seiten von Ringen laufen, oder durch die Verwendung einer zentralen Welle.

5. Freie Mitte
Werden die Regeln 1 bis 4 eingehalten, gibt es keinen Grund für die Verwendung einer mittig angeordneten Welle. Trifft man eine solche Welle an, handelt es sich in aller Regel um eine "Multifunktions"-Welle: Zentrieren, Abfangen seitlicher Kräfte und Übertragung einer Drehbewegung. Sehr viele Aufgaben für eine Welle. Um diese Aufgaben in schwren Modellen überhaupt erfüllen zu können, muß der Durchmesser der zentralen Welle erhöht werden - dadurch wird das physikalische Problem zwar nicht gelöst, aber die Grenzbelastbarkeit deutlich erhöht.
Der richtige Ansatz (und so sehen Rollenlager in der Realität auch meistens aus) ist die Vermeidung der zentralen Achse, statt dessen sollte der Innenraum des Rollenlagers offen und frei für allerlei "Durchreichungen" sein.

6. Kippkräfte
In der Realität werden zum Auffangen der Kippkräfte Gegenlager verwendet. Diese können bereits im eigentlichen Lagerkörper integriert sein oder werden über eine turmartige Konstruktion, die durch die freie Mitte des Lagers reicht, realisiert. Nur wenige Metallbaukasten-Modelle sehen hier etwas vor.
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Meccano hat in den 20er und 30er Jahren im Meccano Magazin und in den "Standard Mechanisms" eine Reihe von Vorschlägen für die Konstruktion von Roller Bearings veröffentlicht.
Standard-Mechanismus 133

Seilrollen sind mittels Teil No. 64 (threaded boss) an einen aus gebogenen Bändern gebauten Ring befestigt. Der Ring ist fest mit dem Oberteil verschraubt. Die Seilrollen ruhen auf der scharfen Kante von Teil No. 137.
Das Rollenlager SM 133 erfüllt nur Regeln 1 und 4.
Standard-Mechanismus 134

Spurkranzräder No. 20 laufen auf den scharfen Kanten von zwei Teilen No. 167b. Der Drehkranz ist frei drehend, aber nicht selbstzentrierend.
Das Rollenlager SM 134 erfüllt nur die Regel 2.
Standard-Mechanismus 135

Dieser Mechanismus beschreibt die Verwendung des GRB No. 167 im Giant Block-setting Crane (SML 4). Der Drehkranz verwendet den Ring 167b und 16 Spurkranzräder No. 20b.
Das Rollenlager SM 135 erfüllt nur die Regel 2 und 3, ist aber aufgrund seiner mechanischen Ausführung der Aufgabe gewachsen.
Standard-Mechanismus 136

Einfaches, aber sehr gut funktionierendes Lager. Die Seilrollen ruhen auf den scharfen Kanten von zwei Teilen No. 137. Das Lager ist selbstzentrierend.
Das Rollenlager SM 136 erfüllt die Regeln 1, 2, 4 und 5 (mit Einschränkungen).
Standard-Mechanismus 137

Bei diesem Lager handelt es sich um Teil No. 168, dem dreiteiligen Meccano Kugellager. Das Lager sieht gut aus, aber es neigt etwas zu, bei höheren Belastungen seine Funktionsfähigkeit einzustellen (Reibungskräfte nehmen aufgrund der ungünstigen Form der Auflageflächen zu). Eine einfache und schnell umzusetzende Lösung, die allerdings wenig seitlich wirkenden Kräften entgegenzusetzen hat.
Das Rollenlager (oder besser Kugellager) SM 137 erfüllt die Regeln 1 (nicht komprimierbare Rollen bzw. Kugeln), 2, (3), 4 und theoretisch auch 5, wären die Ober- und Unterschalen mit einem Loch versehen.
Standard-Mechanismus 138

Im Prinzip wie SM 137, nur mit Ritzelantrieb statt Kettenantrieb.
Standard-Mechanismus 139

Ein Ring No. 145 hält vier (!) Spurkranzräder No. 20b, die auf den scharfen Kanten von zwei No. 143 laufen. Theoretisch ist die Mitte des Rollenlagers völlig frei von störenden Teilen, dieser Vorteil wird aber sofort wieder aufgegeben, um eine Stabilisierung des Modells gegen seitliche Kräfte zu erreichen.
Das Rollenlager SM 139 erfüllt Regeln 2 und 5.
Die folgenden Aufnahmen stammen aus dem Buch "Meccano Constructors Guide" von B.N. Love
SM 136 ist nach wie vor modern - als kompaktes Ausgleichslager zur Aufnahme der Kippkräfte.
Anwendung von SM 137/138
Sehr interessantes Drehlager: Die Kugeln (Part No. 168d) sind zwischen zwei runden Platten No. 146 und zwei Ringen No. 145 "eingeklemmt" und sorgen für einen wirksamen Kippschutz.
Die vertikale Belastbarkeit ist nicht sehr hoch (ca. 30 kg), da sich bei Belastung die äußeren Ringe deformieren.
Weiteres interessantes Lager, dessen Oberteil völlig unnötigerweise in der Mitte geschlossen ist. Diese Konstruktion dürfte Vorbildern aus der ingenieursmäßigen Praxis entlehnt sein, aber in Ermangelung der geeigneten Teile kann nichts Besseres dabei herauskommen.
Immerhin stellt dieses Modell eine der besten Approximationen an das perfekte Rollenlager dar.
Achtung, Achtung, Sie verlassen jetzt das Meccanoland!
So richtig überzeugen können alle diese Konstruktionen nicht. Insbesondere werden die Kippkräfte bei den meisten Drehlagern überhaupt nicht berücksichtigt. Deshalb haben sich findige Menschen an die Arbeit gemacht und selbst aus wohlfeilen Werkstoffen (aus dem Baumarkt) und entsprechenden maschinellen Hilfen (Dreh- und Fräsvorrichtungen) Dreh- und Rollenlager für Metallbaukastensysteme entwickelt.
Hinweis: Die folgenden Modelle sind nicht für ein bestimmtes System gedacht - einzige Voraussetzungen: 1/2-Zoll-Raster und BSW 5/32-Gewinde. Wer die Drehlager nachbauen möchte, kann sich an mich (Dieter Müller) wenden - ich habe die Lager aber nicht selbst gebaut.
Achtung, professionelle Teilehersteller: Wer etwas von den nachfolgenden Konstruktionen in Klein- oder Großserien produzieren will, kann die Teile als Muster erhalten. In einem solchen Fall würde ich keinerlei Rechte beanspruchen!
Sehr kleines Drehlager - Größe 1

Das Drehlager besteht nur aus drei Teilen: Oberteil, Unterteil und industriell hergestelltes Kugellager, das für seitliche Belastungen konstruiert worden ist.
Der Durchmesser des Lagers beträgt nur 3 Loch, zentral kann eine Welle durchgesteckt werden (die unabhängig vom Lager gedreht werden kann), auf Ober- und Unterseite sind jeweils vier Gewindebohrungen, deren Schraubtiefe einer normalen Meccano-Schraube entspricht. Das Lager ist kippgesichert.

Ein geniales Teil!

Belastbarkeit: Erprobt: 120 kg, geschätzt: mindestens 200 kg.

Oberseite

Ansicht von unten
Kleines Drehlager - Größe 2

Auch dieses Drehlager ist nur dreiteilig und im Prinzip wie das oben beschriebene Drehlager aufgebaut - nur mit einem stärkerem Kugellager.
Der Durchmesser des Lagers ist nur 5 Loch. Ober- und Unterteil sind am Rand mit je 8 Bohrungen versehen (keine Gewindebohrungen). Die Mittelbohrung hat genau den Durchmesser einer Kupplung oder eines Stellrings. Das Lager ist kippgesichert.

Die Belasbarkeit kann ich nur schätzen, vermute aber, daß deutlich mehr als 250 kg möglich sind.

Oberseite

Ansicht von unten
Variation des kleinen Drehlagers - Größe 2

Die mittlere Bohrung kann als Gewinde ausgelegt werden und ein entsprechender Einsatz eingeschraubt werden. Damit wird sehr elegant das Problem "offene Mitte" umgangen, mit dieser Variante können Strukturen gebaut werden, die von einer anderen Struktur umlaufen werden.
Mittelgroßes Drehlager (kleine Ausführung) - Größe 3

Kräftiges, nach dem gleichen Prinzip wie die beiden Lager oben gebautes Drehlager. Sehr stabile Konstruktion durch Verwendung eines großen, für seitliche Belastungen ausgelegten industriell gefertigten Kugellagers.
Durchmesser Oberteil: 7 x 7 Loch quadratisch, Durchmesser Unterteil: 9 Loch kreisförmig. Unterteil mit Lochbohrungen, Oberteil mit Loch- und Gewindebohrungen. Das Lager ist sehr gut gegen Kippkräfte gesichert.
Zusätzlich kann an die Unterseite eine gezahnte Platte (130 Zähne) angeschraubt werden. Die Platte kann auch wahlweise an das Oberteil angeschraubt werden.

Belastbarkeit: Mangels Meßapparaturen bin ich mit dem linken Vorderrad meines Minivans (1,5 Tonnen + mein Gewicht) auf das Lager gefahren und habe die Lenkung betätigt. Es ergaben sich keine Schwierigkeiten, das Lager hat keinerlei Beschädigungen oder Deformationen davongetragen. Vermutung: Man kann den gesamten Wagen draufstellen (aber wie?).
Mittelgroßes Drehlager - Größe 4

Mit einem Durchmesser von nur 11 Loch entspricht die Größe ungefähr dem Teil No. 143 bzw. 118. Es handelt sich um das perfekte Lager: Leichtgängig, die Unterseite breit verzahnt, klein und kompakt, die vertikale Last ruht auf soliden Rollen, der Rollenträger läuft frei und unbelastet, alle Bohrungen sind als 5/32-BSW-Bohrungen ausgeführt, und bei einem Lager dieser Größe eine Überraschung: Kippschutz durch weitere, auf der Unterseite angebrachte Rollen (deren Belastbarkeit aber nicht so hoch ist wie die der lose angebrachten Rollen, da hier die Kräfte über das Rollenlager abgeleitet werden müssen).

Dieses Lager erfüllt die Regeln 1 bis 6 mit Bravour. Entsprechend hoch ist auch die Belastbarkeit des Lagers, wobei mangels Meßeinrichtungen nur Vermutungen angestellt werden können. Aber mehr als 500 kg dürften es sein.

Als Zubehör zum Lager gibt es noch einen Zahnkranz mit 156 Zähnen, der sowohl auf die Ober- wie auch die Unterseite aufgeschraubt werden kann.

Warum gibt es so etwas nicht zu kaufen?

Ansicht von oben

Ansicht von unten. Mit diesen vier Rollen wird die Kippsicherheit gewährleistet.

Der Zahnkranz (156 Z.) läßt sich auf beiden Seiten des Lagers anschrauben.
Mittelgroßes Drehlager (große Ausführung) - Größe 5

Das Lager mit der Größe 4 ist zu klein? Dann könnte dieses Lager doch das richtige sein: Durchmesser 19 Loch, ansonsten alles wie bei Größe 4, nur halt etwas stabiler. Beim Kippschutz kann man sich eine (weitere) Verbesserung durch Anbringung weiterer Rollen vorstellen.

Der Zahnring hat 200 Zähne und kann ebenfalls auf beiden Seiten aufgeschraubt werden.

Zur Belastbarkeit: Auch dieses Lager wurde mit meinem KFZ getestet - keine Beanstandungen.
Großes Drehlager (kleine Ausführung) - Größe 6

Leichtes Rollenlager mit einem Durchmesser von 23 Loch. Obwohl sehr schön gearbeitet, ist dieses Lager nicht viel besser als seine MECCANO-Gegenstücke - es baut releativ hoch, besitzt keinen Kippschutz, seitliche Kräfte werden trotz Selbstzentrierung nur unzureichend abgefangen.

Der einzige Vorteil gegenüber Meccano-Konstruktionen ist die doch recht hohe Belastbarkeit (mindestens 200kg), wobei man diese durch Anschrauben weiterer Rollen noch deutlich steigern könnte.
Großes Drehlager - Größe 7

Ein wunderbar ausgeführtes Drehlager in exakter Größe eines GRB. Der Drehkranz sollte natürlich mit 16 Rollen bestückt sein (Faulheit meinerseits!). Der Durchmesser beträgt 27 Loch, die Höhe des Lagers ist nur geringfügig größer als beim Vorbild.
Wie beim GRB gibt es keinerlei Vorkehrungen zum Abfangen von Kippkräften. Da aber (wie man gut sehen kann) die Mitte sehr viel Platz bietet, ist eine Kippsicherung leicht realisierbar.

Die Belastbarkeit dürfte in der Gegend von 250kg bis 500kg liegen, wobei seitlichen Kräften nur wenig entgegengesetzt wird - trotz Selbstzentrierung.

Als Zubehör gibt es wieder einen aufschraubbaren Zahnkranz.


Dies ist von der Funktionalität her der beste Nachbau des GRB - nach meiner Kenntnis.
Großes Drehlager (Monsterausführung) - Größe 8

Dieses Lager entspricht konstruktiv den beiden Lagern der Größe 4 und 5 - nur etwas größer und etwas belastbarer.

Selbstverständlich mit einem Kippschutz ausgerüstet bietet dieses Lager die Grundlage für einen Braunkohlebagger im großen Maßstab - oder als Basislager für eine Drehbühne, auf dem man einen Mittelklassewagen stellen kann. Alle oben genannten Regeln sind erfüllt.

Auf den Bildern kann man erkennen, daß man das Lager zur Erhöhung der Standfestigkeit noch auf eine Unterkonstruktion stellen sollte. Die hier gezeigte Unterkonstruktion besteht aus einer Aluminiumscheibe, die mit Märklin- und Meccanoteilen verkleidet worden ist.

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Letzte Änderung: 2002-10-30
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